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Altonaer Manifest

Für eine sozial gerechte Stadtentwicklung

Altonaer Manifest

Für eine sozial gerechte Stadtentwicklung

Aufbruch! Kommunale Rechte für Hamburg.

9 Fragen - 9 Antworten

1. Warum wollen wir kommunale Rechte für Hamburg?

Angelegenheiten, die eine Kommune betreffen, sollten auch von ihr entschieden und umgesetzt werden. Bisher passiert das nicht:

  • Hamburg hat keine Kommunen, sondern Bezirke, die keine kommunalen Rechte haben.
    Art 4 Hamburger Verfassung: (1) In der Freien und Hansestadt Hamburg werden staatliche und gemeindliche Tätigkeit nicht getrennt.
  • Bezirkswahlen sind reine Augenwischerei, da die Bezirksversammlungen faktisch keine eigenen Entscheidungen für die Bezirke treffen können.
  • In allen Bezirken Hamburgs wurden viele erfolgreich zustande gekommene Bürgerbegehren und Bürgerentscheide mit Hilfe dieses Gesetzes vom Senat gekippt („in die Tonne getreten“) bzw. evoziert („an sich gezogen“).
  • Bezirkspolitiker können sich bequem hinter dem Argument verstecken, dass der Senat doch anders - als vom Wähler im Bezirk gewollt - entscheiden würde.

2. Ist dies nicht eine Rückkehr zur Kleinstaaterei?
Soll Hamburg zerschlagen werden?

Nein, darum geht nicht. Es geht um kommunale Belange - und die Menschen vor Ort kennen sich mit den Bedürfnissen und Problemen in ihrer Nähe am besten aus.

Niemand muss befürchten, dass zum Beispiel Radwege an kommunalen Grenzen enden. Das passiert auch in anderen Bundesländern nicht.

3. Können kleine Minderheiten dann über gesamtstädtische Fragen entscheiden?

Sven Hielscher, CDU, sagt am 26.08.2014 im Hamburger Abendblatt: "Dann könnte man im Bezirk Nord darüber abstimmen, ob man den Flughafen abschafft."

Das ist falsch! Auch heute kann keine Bezirksversammlung eine solche Entscheidungen treffen. Ein gewonnener Bürgerentscheid ist nicht mehr wert, als ein Beschluss der Bezirksversammlung. Selbst, wenn die Einheitsgemeinde aufgehoben ist, können Kommunen keine Entscheidungen treffen, die die ganze Stadt betreffen.

Auch in Hessen kann keine Kommune oder Gemeinde darüber abstimmen, ob der Frankfurter Flughafen abgeschafft werden soll.

Für Belange, die die ganze Stadt betreffen, müssen EinwohnerInnen einen Volksentscheid initiiern.

4. Wird Hamburg als Stadt handlungsunfähig?

Nein. Wir wollen Hamburg stärken. Hamburg ist ein Bundesland. In den anderen Bundesländern können Kommunen ganz selbstverständlich über ihre Belange entscheiden. Warum sollte das für Hamburg nicht möglich sein?

Altona hat ca. 250 000 Einwohner und weniger Entscheidungsbefugnisse gegenüber dem Senat als Hamburgs Landesregierung als Wedel mit 31.725 Einwohnern gegenüber der Landesregierung in Kiel.

5. "Die Einheitsgemeinde ist die Grundlage unseres Erfolges!" sagte Olaf Scholz.
Wessen Erfolg ist hier gemeint?

Wenn der erste Bürgermeister sagt, Hamburgs Einheitsgemeinde sei die Grundlage des Erfolges, stellt sich die Frage, wessen Erfolg gemeint ist.

Die Erfahrung – z.B. bei der Bebauung des Zeiseparkplatzes – zeigt, dass es um den Erfolg von einigen Kapitalanlegern geht, die zum Teil nicht in Hamburg wohnen, und nicht um den Erfolg, für möglichst viele Anwohner, Hamburg lebenswert zu gestalten.

Auf dem Zeiseparkplatz sollten ursprünglich Wohnungen gebaut werden, davon die Hälfte sozialer Wohnungsbau. Die Einheitsgemeinde macht es möglich, dass sich hier stattdessen - trotz Protest und gewonnenem Bürgerentscheid - der weltgrößte Werbekonzern ansiedelt. (siehe)

Hätten wir keine Einheitsgemeinde, müsste der Bürgerwille ernst genommen werden, denn die Bürger könnten mit einem Bürgerentscheid alle Altonaer über die Bebauung abstimmen lassen. Der Senat könnte sich bei Erfolg eines Bürgerentscheids nicht darüber hinwegsetzen.

6. Der Verwaltungsaufwand wird steigen! Das wird ja viel zu teuer!

Auch das stimmt nicht - im Gegenteil. Die benötigten Verwaltungsstrukturen bestehen ja bereits.

Im Gegensatz zu heute würden jedoch die mit hohem Arbeits- und Kostenaufwand erarbeiteten Beschlüsse und Entscheidungen umgesetzt und nicht ins Leere laufen. Doppelte Bearbeitungen würden wegfallen.

Die jetzige Einheitsgemeinde ist das teuerste Verwaltungsmodell, das wir in Deutschland haben. Von allen Bundesländern hat Hamburg mit Abstand die höchsten Ausgaben pro Einwohner (selbst Berlin liegt deutlich darunter). 2013 waren es 8686 €, in Schleswig-Holstein hingegen nur 5241€. Niemand konnte uns bisher den gewaltigen Unterschied erklären.

Haben wir die besseren Schulen, die besseren Straßen und Fahrradwege? Wir können das nicht erkennen.

Gleiches gilt für Bürgerentscheide: viel Engagement, Lebenszeit und Geld würden, wie es zur Zeit häufig passiert, nicht mehr vergeudet, da der Senat nicht mehr evozieren könnte.

Senat und Bürgerschaft können sich viel besser um die zentralen Landesaufgaben kümmern, wenn die kommunale Selbstverwaltung den Bezirken obliegt. Arbeitsteilung schafft auch klare politische Verwantwortlichekeiten.

7. Könnte dann nicht jede Initiative durch Bürgerbegehren
Entwicklungen über Jahre verhindern?

Die Hürden für ein Bürgerbegehren bzw. - entscheid sind sehr hoch. Am Ende stimmen ALLE Einwohner des Bezirkes per Wahl ab.

Somit sollte das beste Argument „gewinnen“.

8. Es genügt doch, alle 4 oder 5 Jahre wählen zu gehen!

Ralf-Uwe Beck, Bundesvorstandssprecher von Mehr Demokratie dazu: „Interessant ist, dass 80 Prozent der Politiker der Meinung sind, nach ihrer Wahl völlig unabhängig von der Bürgermehrheit entscheiden zu können.

Die direkte Demokratie* ist die einzig wirksame Korrekturmöglichkeit während der Legislaturperiode, wenn die Volksvertreter ihre Wähler nicht mehr vertreten.“

*Gemeint sind hier Bürger- und Volksentscheide. Zur Presseerklärung Mehr Demokratie e.V.

9. Bürgerbeteiligung statt Bürgerentscheid?

Die Erfahrung vieler sogenannter Bürgerbeteilungen zeigt, dass es meist weniger um Beteiligung als um Aktzeptanzmanagement geht.

So soll Kritik "wegmoderiert" werden oder die Beteiligten so lange beschäftgigt werden, bis sie nicht mehr können.

Beispielsweise schreibt das Koordinierungsgremium zur Mitte Altona in einer Erklärung:

"Unser Engagement wurde uns zudem von der Senatorin Jutta Blankau als Verfolgung von Partikularinteressen vorgeworfen.
Diese Tatsache deutet darauf hin, dass es sich von Anfang an bei der von der BSU initiierten Bürger*innenbeteiligung eher um Akzeptanzmanagement, als um echte Bürger*innenbeteiligung handelte. Das Bedürfnis der Bürger*innen nach direkter Demokratie und Teilhabe sollte in institutionalisierte Bahnen gelenkt und kanalisiert werden. "